
Plakatdesign: Elliot Bonacker, Alexandra Malobrodski, Joost-Henrik Becker

Was als lose Idee in Gruppenateliers und auf Parties begann, kullerte vorbei an einem runden Holztisch mit ein paar Kaffeetassen, Mateflaschen und einer Mindmap, landete auf dem Schreibtisch der Ingeborg-Siebert Stiftung, von dort in einen mit Startschwierigkeiten versehenem Leihwagen und auf direktem Umwege in das älteste Haus der Stadt Versmold gegenüber der Petri-Kirche. Wir – im Bild von links nach rechts Elliot Bonacker, Alexandra Malobrodski und Joost-Henrik Becker – folgten dieser Spur und freuten uns sehr über die Entdeckungen im Verlauf unserer Suche.
Bei unserer Vernissage wurden wir durch den Vorsitzenden des Kunstvereins Versmold Dr. Sven Keppler sehr herzlich willkommen geheißen. Nach einer kurzen, berührenden Rede unserer gemeinsamen Dozentin Beate Freier-Bongaertz ergaben sich viele angeregte Gespräche. Wie erhofft traf unsere Kunst auf ein bunt gemischtes Publikum aus jungen, älteren, neugierigen und/oder erfahrenen Kunstinteressierten. Insgesamt haben wir uns sowohl ernstgenommen als auch wohl gefühlt und konnten durch die Augen Versmolds auch neue Seiten unserer Bilder kennen lernen, welche uns ohne den Austausch verschlossen geblieben wären.


Im Verlaufe des Abends ergaben sich auch direkt weitere Ideen für die zusätzliche Gestaltung des Ausstellungsprogramms. So entstand im Gespräch mit der Kunsthistorikerin Meike Detert die Idee eines Podiumsgesprächs, welches auf die Finissage anberaumt wurde. Wir gaben einigen Nachzügler*innen noch eine Führung durch die Ausstellung.


Im Laufe des Abends wurde noch ein Gedicht wurde zum Besten gegeben, eine gemeinsame Freundin erhielt ihre unordentliche Taufurkunde und bei einem Glas Limoncello tauschten wir uns mit gleichaltrigen Künstler*innen aus Osnabrück und Versmold über die großen und kleinen Themen der Kunst aus. Nach einer kleinen Pleinair-Zeichenrunde am sonnigen nächsten Tag machten wir uns von der Sommerferienstimmung des Wochenendes erfüllt auf den Heimweg und freuten uns schon auf die Finissage.
Fotos von der Vernissage: Joseph Lange und Alexandra Malobrodski













Podiumsgespräch

Wir alle suchen. Manchmal ist es nur die Brille oder ein Kugelschreiber, aber selbst wenn es nur materielle Gegenstände sind, die sich dann buchstäblich vor der eigenen Nase wiederfinden, ist der Prozess dahinter so individuell wie seine Erfahrung universell ist. Adrenalin und Spannung, die aufgelöst wird oder sich in Frustration verwandelt. Das Verlaufen ist keinesfalls der Gegensatz zur Suche. Es ist viel eher der natürliche rote Faden, der unser aller Suchen verknüpft. Wir, als Künstler verlaufen uns vielleicht noch öfter als es die anderen Menschen tun. Wir suchen nach so viel und durch kreative Schaffungsprozesse verlieren wir uns oft in Ecken, die unser Gehirn sich selbst erbaut hat. Der Surrealismus beschäftigt sich seit seiner Schöpfung mit dem Individuum genauso wie mit der Verzerrung des Eigenen. Wir wollen deshalb mittels unterschiedlicher Medien das Thema ‚Suchen und Verlaufen‘ aufarbeiten um unsere diversen Sichtweisen zu präsentieren und andere dazu einzuladen, sich dem Prozess genau so zu öffnen wie dem Ergebnis
Suchen & Verlaufen




Im Bild von links nach rechts:
Meike Deters, Joost-Henrik Becker, Elliot Bonacker und Alexandra Malobrodski.
Fotos vom Künstler*innengespräch:
Emily-Minerva-Elisabeth-Cassandra-Circe-Callypso-Prudence-Klytaimnestra-Dark’ness-Dementia-Ravenway-Judith-Nitschi-Edna Sass
Alexandra Malobrodski

Alexandra Malobrodski untersucht in ihren Fotoarbeiten der Serie Unrealitäten das Spannungsfeld zwischen dem technischen Anspruch der Fotografie, Realität abzubilden und dem künstlerischen Vorhaben, Realitäten zu verändern, zu übertreiben oder gar aufzulösen. In der Stadt, in der Natur und im Studio erschafft Malobrodski ihre Unrealitäten, in denen sie oft mithilfe von Models die Absurdität des Lebens inszeniert. Im Wald verhüllen Tücher und Schatten ihre Subjekte, in Seen verzerrt Wasser Menschendarstellungen. Bei Nacht fängt sie regennasse Straßen ein, über die verschwommen müde Menschen huschen. Abstrakt spiegeln und überlagern sich überall Markenlogos und Aufforderungen zum Konsum, durch deren Omnipräsenz sie für die meisten unbestritten zur Realität gehören, doch lösen diese in der Künstlerin immer noch Verwirrung und Unbehagen aus, die sie in ihren Werken thematisiert. Charakteristisch für Ihre Fotografien ist das Spiel mit farbigem Licht, langen Belichtungszeiten, Spiegelungen und Verhüllungen, die die Grenzen der Realität verschwimmen lassen. Ihre Werke sind narrativ und cinematisch, werfen Fragen auf und beantworten keine von Ihnen. Sie öffnen den Dialog zwischen Realität und „Unrealität“, Traum und Wirklichkeit, und locken Betrachter*innen in eine Traumwelt, die sich dem klaren Verständnis entzieht.



Elliot Bonacker
Elliot Bonacker thematisiert in seinen Arbeiten innere und äußere Prozesse der Identitätsfindung und der Entwicklung des „Selbst“. Sein Fokus liegt dabei auf der Repräsentation verschiedener Lebenswege und den endlosen (Ge-)Schichten, die dahinter und davor liegen. Seine Werke sind oft inspiriert von Märchenwelten, die er gerne verzerrt um seine eigene Bildsprache zu nutzen. Surreale menschliche Abbildungen verfließen mit unwirklichen Tierdarstellungen. So wie in seiner Motivwahl ist er auch in der Wahl seiner Medien flexibel. Tuschezeichnungen und Linolschnitte finden genauso einen Platz in der Anreihung seiner Werke wie die Acrylmalerei, die jedoch einen besonders hohen Stellenwert für ihn einnimmt, da sie ihm die Möglichkeit bietet in Lasuren sowie denkenden Schichten ihre verschiedensten Farblichkeiten zu erkunden. Seine Werke zeichnen sich durch atmosphärische Ambivalenz und grafische Präzision aus, die er nutzt um seine Perspektive auf den Prozess der Ich-Evolution zu verbildlichen.




Joost-Henrik Becker

Joost-Henrik Becker setzt sich in seiner künstlerischen Arbeit mit Absurditäten und Gegensätzen auseinander. Besonders häufig geht es ihm um die Vereinigung von Widersprüchen oder Kontrasten. Mit expressiven Figuren, surrealen Szenen oder Traum-Landschaften und Spiegel-Bildern zeigt er die widersprüchlichen Ansprüche des Lebens auf. Den Kern seiner Arbeit bildet die Tintenzeichnung. Von dieser ausgehend arbeitet er allerdings in den angrenzenden Bereichen anderer Medien wie Radierung, Zeichentrick und Malerei. Charakteristisch für seinen Stil ist ein klarer, emotionaler Eindruck, der sich bei längerer Betrachtung in einen vielschichtigen Sog entwickelt. Diese einerseits klare und doch hinter Metaphern und Metaebenen verschachtelte Bildsprache bietet den Betrachtenden sowohl Aussagen als auch Fragen.
In dieser Ausstellung zu sehen waren Werke aus der autobiographischen Reihe „Spiegelbilder“, insbesondere die drei Verlorenen Werke.



